2022 Internationale Sicherheit

Zum Schreiben des Landrats von Märkisch-Oderland an Wladimir Putin

Eine Einladung mit Fehlern

Der nachfolgende Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder. Sie muss nicht notwendigerweise der Positionierung der Partei entsprechen.

Der Landrat von Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD) hat zusammen mit dem Bürgermeister von Seelow, Jörg Schröder (ebenfalls SPD) einen offenen Brief an Wladimir Putin gesendet. Unterzeichnet haben den Brief auch die Kreistagsvorsitzende Bettina Fortunato und der Vorsitzende der Seelower Stadtverordnetenversammlung, Wolfgang Heinze (beide Linke).

In diesem laden die Unterzeichner den russischen Präsidenten anlässlich des 50. Jubiläums in die Gedenkstätte „Seelower Höhen“ ein. „Wir haben unendliches Leid miteinander erlebt. Wir wissen auch, was es bedeutet, wenn Krieg stattfindet“, sagte Schmidt dem rbb. So weit, so gut, hätte man es dabei bewenden lassen.

Im weiteren Verlauf kündigte Schmidt aber an, man wolle verbal abrüsten“ und sich gegen ein „weiteres Vorrücken der NATO nach Osten“ einsetzen. Offensive Waffensysteme in unmittelbarer Nähe zur Russischen Föderation seien auszuschließen. Vielmehr gäbe es in dem Konflikt nicht nur ein Opfer und einen Täter, sondern „eine Verkettung von Elementen der Hysterie, die dann zu einer schwierigen Situation führen kann“, wie Schmidt dem rbb sagte. Vielmehr sei es Zeit, „Verständnis für die russische Seite zu zeigen“.

Wer es aber mit dem Frieden ernst meint, muss mindestens Verständnis für beide Seiten aufbringen – mithin also auch für die Ukraine, der seit 2014 von seinem großen Nachbarn ein Krieg aufgezwungen wird und die im Brief von Schmidt mit keinem Wort erwähnt wird. Wer wie Schmidt mit dem Zweiten Weltkrieg argumentiert, darf nicht vergessen, dass es besonders Ukrainer, Polen und Belarussen waren, die unter dem deutschen Vernichtungskrieg im Osten zu leiden hatten. Ihre Sicherheitsinteressen gilt es ebenso zu beachten. Das Bestreben der Ukraine, langfristig Mitglied der Europäischen Union und der NATO zu werden, ist kein Ausdruck eines Expansionsstrebens des Verteidigungsbündnisses, sondern Ergebnis der russischen Aggression, vor der die Länder Mittel- und Osteuropas Schutz suchen. Erst wenn Moskau die Aggression gegen seinen Nachbarn einstellt, kann an den Verhandlungstisch zurückgekehrt werden.
Außerdem muss klar sein, dass Grundlage von Gesprächen nur jene europäische Friedensordnung sein kann, die uns seit mehr als einem dreiviertel Jahrhundert erfolgreich vor einem Krieg in der Mitte Europas bewahrt hat. Diese basiert jedoch auf der Gleichberechtigung und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, auf verbrieftem Völkerrecht und der gegenseitigen Bereitschaft zu Gewaltverzicht. 

All dies wird vom Putin fundamental in Frage gestellt. Vielmehr entsteht der Eindruck, der russische Präsident wolle zurück zu einer Welt der Einflusssphären, in denen Staaten und Völker von den Großmächten auf Landkarten verschoben und verteilt werden. Aus europäischer Sicht ist es daher umso wichtiger, dass die EU gegenüber Russland mit einer Stimme spricht. Die Sicherheitsinteressen unserer östlichen Nachbarn müssen hierbei besonderes Gewicht haben.

Vor diesem Hintergrund wirkt es befremdlich, dass ausgerechnet der Landrat von Märkisch-Oderland – jener Landkreis, der mit knapp 80km die längste Grenze zu unserem Nachbarland Polen aufweist und sich der deutsch-polnischen Partnerschaft verschrieben hat – diese Sicherheitsinteressen so sträflich ignoriert.

Der Autor hat Freunde und Familie in der Ukraine und Polen.