Helmut Schmidt sagte einst, dass man zum Arzt gehen sollte, wenn man Visionen hat. Wahrscheinlich eines seiner schlechteren Zitate. Vielmehr hat man nichts in der Politik zu suchen, wenn man keine Visionen hat. Denn Visionen sind es, die unsere Zukunft gestalten. Wer keine Vision hat, weiss nicht wo es hin gehen soll. „Zeit für Visionen“ ist eine Artikelreihe, in der wir Entwicklungen betrachten und optimistische, aber nicht naive Ausblicke auf die Zukunft machen. Kommen Sie mit uns mit auf die Reise in das unentdeckte Land: Die Zukunft.
3D-Druck kennen die meisten Leute bisher nur als Spielerei von Bastlern, neudeutsch „Maker“ genannt. Doch das ist nur die Spitze eines riesigen Eisbergs, auf den die klassische Produktion grad aufläuft. Wie immer bei einer tiefgreifenden technologischen Veränderung wird es Gewinner und Verlierer geben. Aber beim 3D-Druck könnten wir alle zu den Gewinnern zählen, wenn wir denn diese Chance ergreifen, die mit nur sehr wenigen Risiken einher geht.
Den Status des Spielzeugs hat 3D-Druck schon lange verlassen. Selbst preiswerte Drucker für wenige hundert Euro finden sinnvollen Einsatz in Unternehmen. Sei es um Prototypen zu drucken, Ersatzteile oder Sonderteile, die bisher von Hand oder zu hohen Kosten bei Dienstleistern angefertigt werden mussten. Die Kunststoffteile aus diesen Druckern haben – wie jedes Werkstück – ihre Grenzen, aber es ist ja immer notwendig, die passende Lösung für das jeweilige Problem zu finden.
Außer den preiswerten Druckern, die Kunststoff aufschmelzen und mit einer beweglichen Düse Schicht für Schicht auftragen (Fused Deposition Modeling), gibt es noch weitere Techniken, die andere Werkstoffe nutzbar machen. Per Laser ausgehärtetes Kunstharz erlaubt sehr fein aufgelöste Werkstücke. Diese Technik nennt sich Stereolithografie.
Viel mehr unterschiedliche Werkstoffe und teilweise enorm hohe Druckgeschwindigkeiten erlaubt Laser-Melting oder Laser-Sintering. Hier wird eine dünne Pulverschicht nach der anderen aufgetragen und die Struktur mittels Laser aufgeschmolzen oder gesintert. Mit dieser Technik kann nicht nur Kunststoff verarbeitet werden; die Firma SpaceX druckt damit u. a. die Brennkammern ihrer Raktentriebwerke.
Der 3D-Druck erlaubt es Werkstücke herzustellen, die in klassischer Fertigungstechnik nicht in einem Stück hergestellt werden können. Da keine speziellen Werkzeuge oder Formen angefertigt werden müssen, ist so auch die Fertigung von Einzelstücken und individuell angepassten Teilen möglich. Kleine und mittlere Serien von Produkten werden deutlich einfacher umsetzbar, als mit klassischer Produktionstechnik. Kundennähe und kurze Logistikwege können sich zu einem größeren Vorteil entwickeln, als Preisvorteile durch Massenproduktion.
Was hat das jetzt mit Politik zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, die Vorteile der Technologie sind so enorm, dass sie keine Förderung benötigt, sie ist bereits dabei sich durchzusetzen. Aber es wird tiefgreifende Veränderungen nach sich ziehen, die es zu gestalten gilt.
Ein Thema, das sofort einfällt, ist das leidige Urheberrecht. Wenn jeder alles drucken kann, dann wird auch jeder alles drucken wollen. Hier gilt es einen fairen Ausgleich zu finden zwischen den Urhebern von Designs und den Nutzern. Sehr wichtig wird hier neben Dingen mit ästhetischem Design der Bereich der Ersatzteile. Durch 3D-Druck wird es viel einfacher z. B. den abgebrochenen Knopf am Küchengerät zu ersetzen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Hersteller dies über Copyright unterbinden kann. Es gab sogar schon Diskussionen darüber alle 3D-Drucker mit einem DRM (Digital Rights Management) zu versehen, das dann verhindern soll, dass Dinge gedruckt werden, die irgend ein Rechteinhaber meint zu besitzen (*).
Ein weiterer, ganz wichtiger Aspekt ist, dass sich Teile der Arbeitswelt verändern werden. Es besteht die Chance,Produktion wieder lokaler zu gestalten, da zentralisierte Massenproduktion nicht mehr unbedingt Preisvorteile bringt und vor allem keine individualisierten Produkte liefern kann. Das bedeutet aber auch, dass wir uns ganz schnell um den Bereich der Bildung und Ausbildung kümmern müssen. Es wird rund um den 3D-Druck neue Berufsbilder in der Fertigung geben, die abweichen von den bisherigen.
Also muss jetzt gehandelt werden, damit wir nicht eine (Bildungs-)Lücke beim 3D-Druck bekommen, wie wir sie bereits bei Digitalisierung und Medienkompetenz haben.
(*) Zur Rechtfertigung von Digital Rights Management auf 3D-Druck wird immer mal wieder versucht, Angst vor Schusswaffen aus dem Drucker zu machen. In der Praxis ist es zwar prinzipiell möglich eine Waffe zu drucken, aber der Aufwand ist hoch im Verhältnis zum Ergebnis, das in vielen Fällen für den Schützen lebensgefährlich ist. Kunststoff eignet sich nicht für Schusswaffen und 3D-Druck mit Metall benötigt recht teure Drucker. Die Gefahr durch Waffen vom Schwarzmarkt ist im Gegensatz dazu real.
Von Guido Körber, Unternehmer im Bereich Elektronikentwicklung und -fertigung
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Die Wiedergeburt der Manufaktur
Helmut Schmidt sagte einst, dass man zum Arzt gehen sollte, wenn man Visionen hat. Wahrscheinlich eines seiner schlechteren Zitate. Vielmehr hat man nichts in der Politik zu suchen, wenn man keine Visionen hat. Denn Visionen sind es, die unsere Zukunft gestalten. Wer keine Vision hat, weiss nicht wo es hin gehen soll.
„Zeit für Visionen“ ist eine Artikelreihe, in der wir Entwicklungen betrachten und optimistische, aber nicht naive Ausblicke auf die Zukunft machen.
Kommen Sie mit uns mit auf die Reise in das unentdeckte Land: Die Zukunft.
3D-Druck kennen die meisten Leute bisher nur als Spielerei von Bastlern, neudeutsch „Maker“ genannt. Doch das ist nur die Spitze eines riesigen Eisbergs, auf den die klassische Produktion grad aufläuft. Wie immer bei einer tiefgreifenden technologischen Veränderung wird es Gewinner und Verlierer geben. Aber beim 3D-Druck könnten wir alle zu den Gewinnern zählen, wenn wir denn diese Chance ergreifen, die mit nur sehr wenigen Risiken einher geht.
Den Status des Spielzeugs hat 3D-Druck schon lange verlassen. Selbst preiswerte Drucker für wenige hundert Euro finden sinnvollen Einsatz in Unternehmen. Sei es um Prototypen zu drucken, Ersatzteile oder Sonderteile, die bisher von Hand oder zu hohen Kosten bei Dienstleistern angefertigt werden mussten. Die Kunststoffteile aus diesen Druckern haben – wie jedes Werkstück – ihre Grenzen, aber es ist ja immer notwendig, die passende Lösung für das jeweilige Problem zu finden.
Außer den preiswerten Druckern, die Kunststoff aufschmelzen und mit einer beweglichen Düse Schicht für Schicht auftragen (Fused Deposition Modeling), gibt es noch weitere Techniken, die andere Werkstoffe nutzbar machen. Per Laser ausgehärtetes Kunstharz erlaubt sehr fein aufgelöste Werkstücke. Diese Technik nennt sich Stereolithografie.
Viel mehr unterschiedliche Werkstoffe und teilweise enorm hohe Druckgeschwindigkeiten erlaubt Laser-Melting oder Laser-Sintering. Hier wird eine dünne Pulverschicht nach der anderen aufgetragen und die Struktur mittels Laser aufgeschmolzen oder gesintert. Mit dieser Technik kann nicht nur Kunststoff verarbeitet werden; die Firma SpaceX druckt damit u. a. die Brennkammern ihrer Raktentriebwerke.
Der 3D-Druck erlaubt es Werkstücke herzustellen, die in klassischer Fertigungstechnik nicht in einem Stück hergestellt werden können. Da keine speziellen Werkzeuge oder Formen angefertigt werden müssen, ist so auch die Fertigung von Einzelstücken und individuell angepassten Teilen möglich. Kleine und mittlere Serien von Produkten werden deutlich einfacher umsetzbar, als mit klassischer Produktionstechnik. Kundennähe und kurze Logistikwege können sich zu einem größeren Vorteil entwickeln, als Preisvorteile durch Massenproduktion.
Was hat das jetzt mit Politik zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, die Vorteile der Technologie sind so enorm, dass sie keine Förderung benötigt, sie ist bereits dabei sich durchzusetzen. Aber es wird tiefgreifende Veränderungen nach sich ziehen, die es zu gestalten gilt.
Ein Thema, das sofort einfällt, ist das leidige Urheberrecht. Wenn jeder alles drucken kann, dann wird auch jeder alles drucken wollen. Hier gilt es einen fairen Ausgleich zu finden zwischen den Urhebern von Designs und den Nutzern. Sehr wichtig wird hier neben Dingen mit ästhetischem Design der Bereich der Ersatzteile. Durch 3D-Druck wird es viel einfacher z. B. den abgebrochenen Knopf am Küchengerät zu ersetzen. Dies gilt jedoch nur, wenn der Hersteller dies über Copyright unterbinden kann. Es gab sogar schon Diskussionen darüber alle 3D-Drucker mit einem DRM (Digital Rights Management) zu versehen, das dann verhindern soll, dass Dinge gedruckt werden, die irgend ein Rechteinhaber meint zu besitzen (*).
Ein weiterer, ganz wichtiger Aspekt ist, dass sich Teile der Arbeitswelt verändern werden. Es besteht die Chance,Produktion wieder lokaler zu gestalten, da zentralisierte Massenproduktion nicht mehr unbedingt Preisvorteile bringt und vor allem keine individualisierten Produkte liefern kann. Das bedeutet aber auch, dass wir uns ganz schnell um den Bereich der Bildung und Ausbildung kümmern müssen. Es wird rund um den 3D-Druck neue Berufsbilder in der Fertigung geben, die abweichen von den bisherigen.
Also muss jetzt gehandelt werden, damit wir nicht eine (Bildungs-)Lücke beim 3D-Druck bekommen, wie wir sie bereits bei Digitalisierung und Medienkompetenz haben.
(*) Zur Rechtfertigung von Digital Rights Management auf 3D-Druck wird immer mal wieder versucht, Angst vor Schusswaffen aus dem Drucker zu machen. In der Praxis ist es zwar prinzipiell möglich eine Waffe zu drucken, aber der Aufwand ist hoch im Verhältnis zum Ergebnis, das in vielen Fällen für den Schützen lebensgefährlich ist. Kunststoff eignet sich nicht für Schusswaffen und 3D-Druck mit Metall benötigt recht teure Drucker. Die Gefahr durch Waffen vom Schwarzmarkt ist im Gegensatz dazu real.
Von Guido Körber, Unternehmer im Bereich Elektronikentwicklung und -fertigung
Video von einem FDM-Drucker in Aktion: https://youtu.be/fsskMJ4Tk8U