2020 Allgemein Inklusion

Zum Tag der Gebärdensprache

Zum Tag der Gebärdensprache soll einmal nicht auf die offensichtlich Betroffenen hingewiesen werden. Vielmehr soll auf die große Masse aufmerksam gemacht werden, denen eine Sprache und Kommunikation vorenthalten wird. Gemeint sind Menschen ab einem Alter von ca. 50 Jahren. Denn etwa ab diesem Alter nimmt die natürliche Leistungsfähigkeit des Gehörs auf beiden Ohren ab. Es entsteht die Altersschwerhörigkeit. 

Durch die Einführung der Maskenpflicht in Deutschland verschlechterte sich die Situation der hörbeinträchtigten Menschen, also auch vieler älteren Mitbürger, noch. So meint der Deutsche Schwerhörigenbund e.V.:
„Nun gilt in allen Bundesländern eine Mund-Nase-Schutzpflicht, in Zeiten der Coronakrise eine sinnvolle und dem Gesundheitsschutz sowie der Eindämmung der Pandemie dienende Maßnahme und zugleich für Hörbeeinträchtigte eine gravierende Beeinträchtigung ihrer Kommunikationsfähigkeit. Neben dem schlechteren akustischen Sprachverstehen (durch die Maske) sind vor allem das fehlende Mundbild und die offene Mimik, um ein Mundabsehen zu ermöglichen,nicht mehr gegeben. Dies führt zu extremen Belastungen für einen Hörbeeinträchtigten, um an einer Kommunikation teilzunehmen. Es kann Stress wegen Missverständnissen verursachen und wird – offen gesagt – zu einer Diskriminierung und Ausgrenzung führen.“ [1]

Hier setzt eine langfristig angelegte Forderung der Piratenpartei Brandenburg an. Die Deutsche Gebärdensprache soll in den Schulunterricht aufgenommen werden. Nicht nur, dass so Kommunikation im Alltag mit von Geburt an tauben und/oder stummen Menschen, für die die Gebärdensprache das einzige und daher erlernte Kommunikationsmittel ist, möglich wird sondern auch deren Ausgrenzung aus der Gesellschaft beendet würde. Auch die Ausgrenzung unserer älteren Mitbürger würde enden, könnten sie mit den jüngeren eben über Gebärden kommunizieren. Denn einmal Gelerntes lässt sich leichter wieder in Erinnerung rufen, als vollständig Neues. Die Gebärdensprache würde, insbesondere wenn sie sich auch als zumindest unterstützende Alltagssprache etablieren würde, zu einer sinnvollen Option für schwerhörige Menschen.
Es handelt sich wie dargestellt um eine langfristig angelegte Forderung der Piratenpartei Brandenburg. Sicher wird es keine Veränderungen von heute auf morgen geben. 

Wer nun meint, dies würde zu einer Überlastung der Schüler führen, der sei auf Folgendes hingewiesen: Heute müssen unsere Kinder in der Schule 2 Fremdsprachen lernen, die die meisten von ihnen in ihrem Leben wahrscheinlich nie wieder brauchen werden. Es wäre also möglich, eine dieser Fremdsprachen durch eine in Deutschland gängige Alltagssprache, eben die Deutsche Gebärdensprache zu ersetzen. Damit würde gezeigt werden, dass auch in Deutschland Inklusion gelebt wird. 

Denn heute werden viele Menschen einfach aus der Gesellschaft ausgeschlossen. So sollen Schwerhörige den vollen Rundfunkbeitrag zahlen, obwohl ihnen die Nutzung von Hörfunkprogrammen nicht zur Verfügung steht. Selbst Untertitel zu Fernsehsendungen bietet der Rundfunk Berlin-Brandenburg lediglich am Hauptabend an. Dennoch haben schwerhörige Menschen keinen Anspruch auf Minderung des Rundfunkbeitrages (§ 4 RBStVt), weil man keinen wirklichen Schnitt zwischen Rundfunkgebühr und Rundfunkbeitrag machte. 

Dieses Beispiel im Großen zeigt, wie viele schwerhörige Menschen auch im Kleinen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Daher muss sich zumindest langfristig etwas ändern.
Der einzige und beste Ort hierfür ist die Schule.

[1] https://www.schwerhoerigen-netz.de/fileadmin/user_upload/dsb/Dokumente/Information/Politik_Recht/Stellungnahmen/DSB/2020/DSB-Stellungnahme_MNS_200426.pdf

  1. Hallo,
    augenscheinlich gab es hier eine Fehlinformation: Das Fernsehprogramm des rbb ist fast durchgehend untertitelt, s. zB hier: https://www.rbb-online.de/fernsehen/untertitel_angebot/, in jedem Fall alle Erstsendungen und die meisten Wiederholungen.

  2. Steffen Thomas

    Liebe Piraten,

    die Aussage „Heute müssen unsere Kinder in der Schule 2 Fremdsprachen lernen, die die meisten von ihnen in ihrem Leben wahrscheinlich nie wieder brauchen werden.“ ist schlicht und ergreifend falsch. Die meisten Menschen werden definitiv mit der englischen Sprache in Berührung kommen. Aber wieviel werden wirklich die Gebärdensprache benötigen? In meinem mittlerweile 55 Jahre dauernden Leben kann ich mich an keine solche Situation erinnern. Aber eine Anerkennung der Gebärdensprache als zweite Fremdsprache scheint mir durchaus sinnvoll.

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