Der Innenminister gewinnt für KESY den Big Brother Award
Bei den BigBrother Awards zu gewinnen bedeutet eigentlich, dass man verloren hat. Verloren in der Kategorie „Bewahrung von Bürgerrechten“. Ausgezeichnet werden mit dem Award die Personen oder Institutionen, die sich besonders negativ gegen die Privatsphäre der Bürger verdient gemacht haben.
In diesem Jahr erhielt den Award u.a. der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU), und sein Vorgänger, Karl-Heinz Schröter (SPD) für das Kennzeichenerkennungssystem KESY. Eine wirklich verdiente Auszeichnung wie wir finden. Immerhin wurden mit diesem System über einen langen Zeitraum alle Kennzeichen von vorbeifahrenden Autos an mehreren Stellen der Autobahn aufgezeichnet. Und das unter völliger Ignoranz aller Regeln oder auch nur Einhaltung von Speicherfristen.
Gegen das System klagt der Brandenburger Pirat Marko Tittel vor dem Brandenburger Verfassungsgericht.
Marko Tittel: „Ich gratuliere dem Innenminister Michael Stübgen und seinem Vorgänger Karl-Heinz Schröter zum Gewinn des BigBrotherAward 2020. Sie haben ihn wahrlich verdient. Obwohl es in letzter Zeit um das Thema KESY corona-bedingt ruhiger geworden ist, zeigt diese Preisverleihung, dass das Thema immer noch aktuell ist. Diese Verzögerung ermöglicht ein noch längeres Erfassen und Abspeichern von tausenden von Kfz-Kennzeichendaten. Und das darf nicht sein!“
Die Piratenpartei lehnt solche anlasslosen Datensammlungen grundsätzlich ab. Der tatsächliche Nutzen ist fraglich, aber das Potenzial zum Missbrauch ist hoch. KESY stellt einen Baustein zu einer flächendeckenden Erfassung von Bürgern dar und ist inakzeptabel. Wir hoffen, dass das Verfassungsgericht diese Auffassung mit Nachdruck bestätigen wird.
Ist diese Scannerei jetzt eigentlich eingestellt?
(Nach einem Schuldeingeständnis des Innenministeriums zu fragen ist sicherlich zu viel verlangt.)
Wir haben bisher noch keinerlei Info bekommen, das KESY nicht mehr genutzt wird. Aktuell läuft das Verfahren beim Landesverfassungsgericht noch. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil wird sich vermutlich auch nichts an der gängigen Praxis ändern.
Ein Schuldeingeständnis seitens des Innenministers wird es sicherlich nicht geben. Das ist auf dieser politischen Ebene ein Ding der Unmöglichkeit.
Sehr unwahrscheinlich, dass man sich das „schöne Spielzeug“ ohne Gerichtsbeschluss wegnehmen lässt. So eine dauerhafte Überwachung der Bewegungen der Bürger ist ja der feuchte Traum der Überwachungsfans.
Interessant. Löblich, dass Piraten sich gegen KESY aussprechen und dagegen klagen.
Nur eine kleine Frage dazu: warum sagen Piraten Brandenburg so gar nichts gegen das ebenfalls mit dem BBA ausgezeichneten Tesla-Werk?
-hoshi-
Wir haben Elon Musk auf Twitter schon gratuliert und darauf hin gewiesen, dass das so nicht geht.
Da das aber die Autos und nicht spezifisch das Werk betrifft, werden weitere Dinge dazu bei uns auf der Bundesebene laufen.