Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit seinem heutigen Urteil das dortige Paritätsgesetz gekippt. Dieses sah vor, dass Parteien ihre Listen zur Landtagswahl abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen müssen. Hierin sahen die Verfassungsrichter einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Wahl und das Recht der Parteien, selbst bestimmen zu können, wer für sie antritt. Die Freiheit der Wahl verlange, dass diese nicht durch Zwang und Druck des Staates durchgeführt würden, so Stefan Kaufmann, Präsident des Verfassungsgerichtshofes in Thüringen, zur Begründung.
Bereits im Januar 2019 hatte der Brandenburger Landtag als erster ein Paritégesetz beschlossen. Hier gegen hatte die Piratenpartei auf Grund verfassungsrechtlicher Bedenken im Mai letzten Jahres Beschwerde eingelegt. [1] Die Piraten sehen sich durch die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes in ihren Bedenken gestärkt und erwarten ein ähnliches Urteil in Brandenburg. Hier wird das Verfassungsgericht noch über die Beschwerde der Piratenpartei entscheiden.
Dazu Katrin Körber (Landesvorsitzende der PIRATEN Brandenburg):
„Ich begrüße das Urteil in Thüringen sehr und bin selber ein Beispiel dafür, dass wir das Paritégesetz nicht brauchen.“
[1] https://www.piratenbrandenburg.de/2019/08/stand-verfassungsbeschwerde-gegen-parite-gesetz/
Interessant ist vor allem, daß obwohl Art. 2 Abs. 2 S. 2 der thüringischen Verfassung sehr viel umfassendere Pflichten als Art. 12 Abs. 3 S. 2 der brandenburgischen Verfassung aufweist, dennoch das Paritätsgesetz für nichtig erklärt wurde.
Leider ging der Gerichtshof nicht auf Art. 6 Abs. 2 der Thüringischen Verfassung ein (in Brandenburg Art. 11 und sehr viel umfassender geregelt).
Bemerkenswert ist noch, daß ausschließlich männliche (und nicht einmal alle) Verfassungsrichter für die Nichtigkeit der Regelung gestimmt haben.
Legt man die Geschlechter (wie eben das Paritätsgesetz) bei den Richtern für die (voraussichtliche) Rechtsprechung zu Grunde, dürfte das Brandenburger Gesetz nicht für nichtig erklärt werden, weil 4 der 9 Verfassungsrichter in Brandenburg Frauen sind
(anders als in Thüringen, dort nur 1 Frau bei den Richtern, weshalb man für eine weitere Frau auf die stellvertretenden Richter zurückgreifen mußte)
und man mit mindestens 1 Mann für das Paritätsgesetz (wie in Thüringen) rechnen muß.
Somit würde das brandenburger Paritätsgesetz mit 5:4 Stimmen
(bei Reduzierung der Verfassungsrichter auf ihr Geschlecht ohne Berücksichtigung ihres Wissens und ihrer Kenntnisse, ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten, wie eben das Paritätsgesetz dies vorsieht)
genehmigt werden.