Wollte man die Situation nach der Wahl in Thüringen zusammenfassen, so könnte man Folgendes festhalten: Politisch wurde in den letzten Tagen jede Menge Porzellan zerschlagen. Alle Parteien haben mindestens ein blaues Auge erhalten, nur die AfD erfreut sich an der ihr wieder einmal ungerechtfertigterweise zuteil gewordenen Aufmerksamkeit. Möglich wurde dies durch eine Politik der Machtspielchen, statt der Suche nach Optionen für konstruktive Politik in einer schwierigen Situation.
Seinen Ausgang nahm dieses durch einen Ministerpräsidenten, der sich waghalsig und vor allem ohne eine sichere Mehrheit in einen ungewissen Wahlgang stürzte, und einen naiven Liberalen, der wohl annahm, sich in dieser Situation profilieren zu können. Hätte jeder der klar zu identifizierenden Blöcke wieder für ihren jeweiligen Kandidaten gestimmt, so wäre das Ergebnis ein Ministerpräsident Ramelow gewesen. Zugleich hätte aber jedem verantwortungsvollen Politiker gewiss sein müssen, dass diese ungeschriebenen Regeln nicht von allen Parteien gleichermaßen akzeptiert werden. Auf diese Weise wurde der AfD leichtfertig eine die Situation entscheidende Macht zuteil. Umso unverständlicher, dass Thomas Kemmerich die Wahl tatsächlich annahm, ohne eine Strategie für das weitere Vorgehen zu haben. Diese hätte man im Vorfeld abklären müssen, statt sich auf eine unverantwortliche Spaßkandidatur zu beschränken. So wäre es theoretisch möglich gewesen, ein auf einem breiten Bündnis fußendes Kabinett – unter Ausschluss der AfD – aufzustellen und mit wechselnden Mehrheiten zu regieren, um somit dem Wählerwillen Rechnung zu tragen. Immerhin hatte keines der konkurrierenden Lager eine ausreichende Mehrheit erhalten. Doch statt die AfD einen Ministerpräsidenten wählen zu lassen, der sich dann ganz ihrer Beeinflussung entzieht, wurde Kemmerich selbst vorgeführt und erhielt Drohungen aus allen politischen Lagern – einschließlich dem eigenen. Dass sich die Bundeskanzlerin sogar zu einem Machtwort hinreißen ließ, um ihre Landtagsfraktion zur Unterstützung Ramelows anzuweisen, ist womöglich nur die vorerst letzte Episode dieser Politposse. Nicht wenige Wähler dürften sich daher nun fragen, warum sie überhaupt ihre Stimme abgegeben haben, wenn am Ende die Bundeskazlerin das letzte Wort haben sollte.
Dem Vertrauen in die Politik wurde durch dieses Schmierentheater ein Bärendienst erwiesen und eine Chance für sachorientierte Politik – für die wir Piraten eintreten – vertan. Bürgernähe und gelebte Demokratie funktionieren anders. Was wir bisher erleben durften, war nur ein peinliches Postengeschacher.
Ich bin doch sehr überrascht von einer partei ein so ausgewogenes statement zu lesen. Gratulation!