Am 25.6.1903 wurde Eric Arthur Blair geboren, der als Autor unter dem Namen George Orwell schrieb. Seine bekanntesten Romane handeln von dystopischen Entwicklungen.
Bekannt wurde George Orwell mit seinem Roman „Animal Farm“ (Farm der Tiere) und noch mehr mit „1984“.
1984 kann man als das Standardwerk über den totalitären Staat bezeichnen. Als Synonym für einen alles kontrollierenden Überwachungsstaat ist 1984 nicht nur denen, die den Roman gelesen oder eine der filmischen Umsetzungen gesehen haben, ein Begriff. Vielen ist aber nicht klar, dass der Gegenstand Orwells Roman nicht die Überwachungstechnik ist. Der häufig zu hörende Satz „wenn Orwell gewusst hätte was es heute für technische Möglichkeiten gibt…“ müsste korrekt enden mit „dann hätte er keine andere Geschichte geschrieben“.
Es ging Orwell nicht darum, wie die im Roman beschriebenen „Teleschirme“ und Überwachungsmikrofone funktionieren und was sie technisch leisten können. Vielmehr ging es ihm darum, welche Methoden eingesetzt werden könnten, um eine ganze Gesellschaft dazu zu bringen, dass sie sich selbst in Unfreiheit hält. Dazu ist die Überwachung nur ein Baustein von vielen, die dazu dienen, jeden Aspekt des Lebens der Bürger zu jedem Zeitpunkt zu kontrollieren.
Die Überwachung vermittelt in Orwells dystopischem Staat das ständige Gefühl, jederzeit – selbst bei der kleinsten Abweichung von der Norm – erwischt werden zu können. Überwacht wird nicht nur mit technischen Mitteln. Gezielt werden zwischenmenschliche Beziehungen gestört. Denunziation wird zur Bürgerpflicht erhoben und die Jugendorganisation „Spitzel“ erzieht Kinder dazu, ihre Eltern anzuzeigen.
Durch die Schaffung von propagandatauglichen inneren und äußeren Feinden hat die Regierung jederzeit einen Sündenbock für Probleme, zum Beispiel für die schlechte Versorgungslage. Krieg führen die drei Supermächte möglichst weit entfernt von ihrem Kernland, Nachrichten von dort sind propagandistisch vorgefiltert. Durch regelmäßige „Hasswochen“ und tägliche „Zwei-Minuten-Hass“-Aktionen werden die Bürger darauf trainiert, sich auf die fiktiven Gegner zu fixieren.
Besonders perfide ist, was das „Ministerium für Wahrheit“ treibt, in dem die Hauptperson des Romans arbeitet. Hier wird systematisch die Vergangenheit umgeschrieben. Fällt eine Person in Ungnade, dann wird sie aus allen Aufzeichnungen getilgt. Selbst alte Zeitungen werden dann verändert und neu gedruckt. Jedes Detail, bis hin zu falschen Prognosen über Produktionsmengen, sogar der Wechsel des Kriegsgegners, wird in allen Aufzeichnungen korrigiert, so dass es zur jeweils gerade gültigen offiziellen Version passt. Der Staat hat gewissermaßen das Monopol auf Fakenews und außer diesem gibt es keine Quellen mehr.
Der noch in Umsetzung befindliche Plan, die Sprache durch „Neusprech“ zu ersetzen, soll den finalen Sargnagel für jeglichen Widerstand gegen die Staatsmacht einschlagen. Systematisch wird die Sprache vereinfacht, so dass es unmöglich wird, präzise zu kommunizieren. Dabei werden auch Wörter und Sprachkonstrukte eliminiert, die den Widerstand gegen die Staatsgewalt ausdrücken können.
1984 ist nicht einfach ein Roman über einen Überwachungsstaat, sondern über eine Staatskonstruktion, die jegliche Abweichung von der Norm bereits tödlich gemacht hat und im nächsten Schritt unmöglich machen möchte. Die Kontrolle über alle Information raubt den Menschen die Vergangenheit und die Gegenwart, niemand kann mehr belegen, dass etwas anders ist, als es der Staat behauptet und die wenigsten bemerken dies überhaupt. Mit der Verarmung der Sprache wird die Möglichkeit genommen, den Gedanken zu formulieren, dass etwas nicht stimmt und anders werden sollte.
Der Spruch „1984 war nicht als Anleitung gedacht“ ist also nicht nur für die nächste Überwachungskamera, die nächste Gesichtserkennung, oder den nächsten Vorstoß zur Vorratsdatenspeicherung angebracht. Auch die immer wieder auftretenden Versuche, die Presse zu kontrollieren, Geschichtsrevision zu betreiben, Uploadfilter und Internetsperren gehören dazu. Genau so wie die Versuche, Zwietracht in der Bevölkerung zu säen, Sündenböcke zu suchen oder die Sprache zu beschränken (nein, damit ist nicht der „Negerkuss“ gemeint, der ist einfach ein unsensibles Sprachrelikt).
Darum sollten wir immer wachsam sein, wenn versucht wird, Freiheiten einzuschränken, Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen, Journalisten zur „Wahrheit“ verpflichtet werden sollen, weil ein Pressebericht nicht passt, oder Polizei und Geheimdienste ganz neue Befugnisse erhalten. Andernfalls landen wir in einer Situation, die in Neusprech als „doppelplusungut“ bezeichnet wird.
Beitrag von Guido Körber, 2. Vorsitzender Landesverband Brandenburg
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Am 25.6.1903 wurde Eric Arthur Blair geboren, der als Autor unter dem Namen George Orwell schrieb. Seine bekanntesten Romane handeln von dystopischen Entwicklungen.
Bekannt wurde George Orwell mit seinem Roman „Animal Farm“ (Farm der Tiere) und noch mehr mit „1984“.
1984 kann man als das Standardwerk über den totalitären Staat bezeichnen. Als Synonym für einen alles kontrollierenden Überwachungsstaat ist 1984 nicht nur denen, die den Roman gelesen oder eine der filmischen Umsetzungen gesehen haben, ein Begriff. Vielen ist aber nicht klar, dass der Gegenstand Orwells Roman nicht die Überwachungstechnik ist. Der häufig zu hörende Satz „wenn Orwell gewusst hätte was es heute für technische Möglichkeiten gibt…“ müsste korrekt enden mit „dann hätte er keine andere Geschichte geschrieben“.
Es ging Orwell nicht darum, wie die im Roman beschriebenen „Teleschirme“ und Überwachungsmikrofone funktionieren und was sie technisch leisten können. Vielmehr ging es ihm darum, welche Methoden eingesetzt werden könnten, um eine ganze Gesellschaft dazu zu bringen, dass sie sich selbst in Unfreiheit hält. Dazu ist die Überwachung nur ein Baustein von vielen, die dazu dienen, jeden Aspekt des Lebens der Bürger zu jedem Zeitpunkt zu kontrollieren.
Die Überwachung vermittelt in Orwells dystopischem Staat das ständige Gefühl, jederzeit – selbst bei der kleinsten Abweichung von der Norm – erwischt werden zu können. Überwacht wird nicht nur mit technischen Mitteln. Gezielt werden zwischenmenschliche Beziehungen gestört. Denunziation wird zur Bürgerpflicht erhoben und die Jugendorganisation „Spitzel“ erzieht Kinder dazu, ihre Eltern anzuzeigen.
Durch die Schaffung von propagandatauglichen inneren und äußeren Feinden hat die Regierung jederzeit einen Sündenbock für Probleme, zum Beispiel für die schlechte Versorgungslage. Krieg führen die drei Supermächte möglichst weit entfernt von ihrem Kernland, Nachrichten von dort sind propagandistisch vorgefiltert. Durch regelmäßige „Hasswochen“ und tägliche „Zwei-Minuten-Hass“-Aktionen werden die Bürger darauf trainiert, sich auf die fiktiven Gegner zu fixieren.
Besonders perfide ist, was das „Ministerium für Wahrheit“ treibt, in dem die Hauptperson des Romans arbeitet. Hier wird systematisch die Vergangenheit umgeschrieben. Fällt eine Person in Ungnade, dann wird sie aus allen Aufzeichnungen getilgt. Selbst alte Zeitungen werden dann verändert und neu gedruckt. Jedes Detail, bis hin zu falschen Prognosen über Produktionsmengen, sogar der Wechsel des Kriegsgegners, wird in allen Aufzeichnungen korrigiert, so dass es zur jeweils gerade gültigen offiziellen Version passt. Der Staat hat gewissermaßen das Monopol auf Fakenews und außer diesem gibt es keine Quellen mehr.
Der noch in Umsetzung befindliche Plan, die Sprache durch „Neusprech“ zu ersetzen, soll den finalen Sargnagel für jeglichen Widerstand gegen die Staatsmacht einschlagen. Systematisch wird die Sprache vereinfacht, so dass es unmöglich wird, präzise zu kommunizieren. Dabei werden auch Wörter und Sprachkonstrukte eliminiert, die den Widerstand gegen die Staatsgewalt ausdrücken können.
1984 ist nicht einfach ein Roman über einen Überwachungsstaat, sondern über eine Staatskonstruktion, die jegliche Abweichung von der Norm bereits tödlich gemacht hat und im nächsten Schritt unmöglich machen möchte. Die Kontrolle über alle Information raubt den Menschen die Vergangenheit und die Gegenwart, niemand kann mehr belegen, dass etwas anders ist, als es der Staat behauptet und die wenigsten bemerken dies überhaupt. Mit der Verarmung der Sprache wird die Möglichkeit genommen, den Gedanken zu formulieren, dass etwas nicht stimmt und anders werden sollte.
Der Spruch „1984 war nicht als Anleitung gedacht“ ist also nicht nur für die nächste Überwachungskamera, die nächste Gesichtserkennung, oder den nächsten Vorstoß zur Vorratsdatenspeicherung angebracht. Auch die immer wieder auftretenden Versuche, die Presse zu kontrollieren, Geschichtsrevision zu betreiben, Uploadfilter und Internetsperren gehören dazu. Genau so wie die Versuche, Zwietracht in der Bevölkerung zu säen, Sündenböcke zu suchen oder die Sprache zu beschränken (nein, damit ist nicht der „Negerkuss“ gemeint, der ist einfach ein unsensibles Sprachrelikt).
Darum sollten wir immer wachsam sein, wenn versucht wird, Freiheiten einzuschränken, Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen, Journalisten zur „Wahrheit“ verpflichtet werden sollen, weil ein Pressebericht nicht passt, oder Polizei und Geheimdienste ganz neue Befugnisse erhalten. Andernfalls landen wir in einer Situation, die in Neusprech als „doppelplusungut“ bezeichnet wird.
Beitrag von Guido Körber, 2. Vorsitzender Landesverband Brandenburg