Was wir von der GroKo erwarten
Die SPD Basis hat sich entschieden. Mit 66% stimmte sie für die Große Koalition. Wir müssen uns nunmehr der Frage stellen, wie viel von unserem Land und unserer Demokratie nach einer weiteren Legislaturperiode der Unfähigkeit, des Aussitzens von Problemen und lobbygesteuerter Politik übrig sein wird.
Laut der Umfrage im ARD Deutschlandtrend vom 01. März 2018 [1] steht eine Mehrheit von 52% der Deutschen der Neuauflage der GroKo skeptisch gegenüber; und das, obwohl die Leitmedien in den letzten Tagen und Wochen ein wahres pro GroKo-Trommelfeuer entfacht hatten. Die Skepsis der Deutschen ist berechtigt.
Ein Blick in den Koalitionsvertrag [2] zeigt, was da auf uns zu kommt. „Mehr Gerechtigkeit“, wie von Martin Schulz vor der Wahl versprochen, jedenfalls nicht. Längst überfällige Reformen werden bis zur Unkenntlichkeit verwässert oder tauchen in der Koalitionsvereinbarung gar nicht mehr auf. Demgegenüber werden große Geschenke für Konzerne vorbereitet.
Es wird weiter gehen mit dem Abbau des Sozialsystems. Kinderarmut, Flaschen sammelnde Rentner, Tafeln – all das bleibt an der Tagesordnung.
Die Renten sollen bis 2025 auf aktuellem Niveau „gesichert“ werden. Tatsächlich wird damit die Altersarmut gesichert, für deren Bekämpfung kein schlüssiges Konzept vorliegt. Deutschland ist beim Rentenniveau im europäischen Vergleich ganz weit hinten. Die „gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für Selbständige“ erscheint angesichts der hohen Zahl von prekär Selbständigen schon zynisch.
Bei dem „Sofortprogramm für die Pflege“ fragt man sich, in welcher Parallelwelt die Leute leben, die das ausgehandelt haben. 8000 zusätzliche Stellen sind nicht mehr als ein Witz bei rund 1,1 Millionen Beschäftigten in dem Bereich [3].
Von fairem Handel ist die Rede im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik. An anderer Stelle wird dann aber festgeschrieben, dass CETA als „zukunftsweisend“ auf jeden Fall durchgesetzt werden soll. Also noch mehr Barrieren für Staaten außerhalb von CETA, dafür aber Privatisierung von öffentlicher Daseinsvorsorge und Einschränkung der staatlichen Steuerungsmöglichkeiten.
In der Frage der digitalen Infrastruktur strebt man die Weltspitze an. Dabei konnte die letzte GroKo nicht einmal das Versprechen von mindestens 50 MBit/s in jedem Haushalt bis 2018 einlösen. Neuer Zieltermin soll der 1.1.2025 sein – wir kommen dem näher, was Merkel beim Jahreskongress des ZVEI 2016 herausgerutscht war: „50 Mbit/s bis 2080″ [4].
Von Cybersecurity ist die Rede, aber die Befugnisse der Ermittlungsbehörden sollen ausgeweitet werden. „Sicherheitslücken per Gesetz“ gelten weiterhin als probates Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung. Nur dafür? Die dafür zuständige Bundesbehörde ZITIS [5], [6] wurde bereits im September 2017 installiert.
Auch bei Energie und Verkehr sind keine positiven Entwicklungen zu erwarten. Gefördert werden wie bisher zentrale Strukturen zum Wohle der Konzerne. Die Klimaziele 2050 werden jetzt mit Ansage verfehlt. Dass die Automobilunternehmen als Verursacher der Diesel-Problematik weiterhin von der Politik gepudert werden, setzt dem Ganzen die Krone auf.
In der Summe können wir also ein ganz entschlossenes „Weiter so!“ von der GroKo erwarten. Vorhandene Probleme werden also weiter schön geredet, statt sie zu lösen. Wir werden weiter als eines der reichsten Länder der Welt in Kauf nehmen, dass viele Menschen hier in Armut leben. Wir werden weiter Chancen auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung verpassen.
In der Folge wird unsere Gesellschaft weiter auseinander fallen. Wenn die GroKo so agiert wie bisher – und es gibt keine Anzeichen dagegen – dann wird damit die Politikverdrossenheit weiter gestärkt und der undemokratische Rand erhält weiteren Zulauf.
Eine Minderheitsregierung mit echter inhaltlicher Auseinandersetzung wäre eine Chance gewesen, eine Chance auf ein Wiedererwachen von Interesse an Politik, an Lösungen die uns voran bringen. Die GroKo ist nichts weiter als Besitzstandswahrung auf Kosten der Allgemeinheit.
Quellen:
[1] http://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend-1167.html
[2] https://www.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/koalitionsvertrag_2018.pdf?file=1
[3] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/pflegekraefte/beschaeftigte.html
[4] Merkels ehrlicher Versprecher, ab Minute 20
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Zentrale_Stelle_f%C3%BCr_Informationstechnik_im_Sicherheitsbereich
danke helga!