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Beitrag von Guido Körber, Direktkandidat im Wahlkreis 62 und Unternehmer

Landtag versucht sich an Wirtschaft

In der Sitzung des Landtags am 6.4. wurden zwei Anträge zur Förderung der Wirtschaft beraten, die wir schon im Vorfeld kritisiert hatten [1].

Das Konzept der Landesregierung zur „Gründungs- und Unternehmensnachfolgestrategie für das Land Brandenburg“ [2] wurde zur Kenntnis genommen. Der Antrag „Die Chancen der Digitalisierung nutzen – kleinere und mittlere Unternehmen gezielt fördern“ [3] wurde angenommen.

Wären die Folgen der hilflosen Wirtschaftspolitik nicht so teuer, könnte man wahrscheinlich darüber lachen. Brandenburg hat jetzt also eine Strategie, Handwerksbetrieben die Digitalisierung näher zu bringen. Das heißt, eigentlich noch keine Strategie, sondern den Beschluss, Geld dafür auszugeben eine Strategie zu entwickeln, damit Leute, die das Thema Digitalisierung nicht verstehen, es Leuten näher bringen, die es kaum betrifft.

Daraus entsteht dann Wirtschaftswachtsum. Also glaubt unsere Landesregierung. Wie dann der erfolgreich digitalisierte Handwerks- oder Kleinbetrieb mit seinen Produkten und Dienstleistungen die Welt erobert, ist noch unklar. Der weltweite Durchbruch scheitert kläglich am Anschlusskasten des Netzbetreibers, für den zu Breitband alles zählt, was schneller als Rauchzeichen ist.

Die Digitalisierung scheitert im brandenburgischen Flächenstaat an fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten, die den Zusatz „modern“ verdienen. Realität in Brandenburg ist häufiger offline, aber wir haben ja wenigstens schöne Landschaft.

Und wenn man dann das Glück hat, als Unternehmer in einem Gebiet ansässig zu sein, an dem man tatsächlich online ist (mein Standort wurde vor wenigen Wochen von 6 auf 100 MBit aufgestockt!), dann findet man sich in dem wieder, was bei uns so als eGovernment durchgeht.

Nicht alle Dinge, die einem KMU (Kleines oder Mittelständisches Unternehmen) Probleme bereiten, hat das Land zu verantworten, aber das Land könnte sich beim Bund auch mal für seine Unternehmer einsetzen.

Laut der Anfrage 2424 [4] sieht das Land beim Außenhandel ja „Luft nach oben“, und Programme zur Aussenwirtschaftsförderung gibt es auch. Messeförderungen und Unternehmerreisen sind für das Tagesgeschäft nicht so relevant. Wie man die Waren dann zum hoffentlich irgendwie geworbenen Auslandskunden bekommt, ist dagegen ein häufig auftretendes Problem.

Vor dem politischen Auge taucht dann wahrscheinlich die Tiefladerflotte auf, die Container mit einigen Millionen Wert aufnimmt und zum nächsten Hafen schafft, um sie nach Übersee zu transportieren. Die Realität vieler exportierender KMU hat doch eher mit Kartons und Kisten zu tun und mit drei, vier oder fünfstelligen Rechnungen pro Export. Da fällt bürokratischer Aufwand dann deutlich mehr auf als bei ein paar Überseecontainern.

Je nachdem, wo die Ware hin geht, gibt es zwei Sorten Spaß für den Exporteur:

Innerhalb der EU ist Export schön einfach, keine Ausfuhrerklärung, und der Versand funktioniert fast wie innerhalb des eigenen Landes. Wenn da das deutsche Finanzamt und seine kreativen Ideen nicht wären. Verschickt man Ware an ein anderes Unternehmen in einem anderen EU-Staat, dann braucht man dafür die Umsatzsteuer-ID des Empfängers. Kein Problem, die gibt der meist von alleine schon bei der Bestellung an. Die Ware wird dann ohne Mehrwertsteuer berechnet, weil es ja zwar innerhalb der EU, aber immer noch ein Export ist.

Der deutsche Sonderweg dabei ist, dass die UStID ganz präzise zur Adresse des Empfängers passen muss, eine Zweigniederlassung muss also eine eigene UStID haben. Nur schade, dass der Rest der EU es nicht so restriktiv handhabt, da haben halt mehrere Lieferadressen die gleiche ID. Der Kunde versteht dann den deutschen Lieferanten nicht, aber der muss dem Finanzamt die nicht berechnete Umsatzsteuer abführen, wenn die UStID nicht nach dem deutschen Prinzip korrekt ist.

Geht der Export aus der EU heraus, ist Umsatzsteuer kein Thema. Dafür ist ab € 1000 die Ausfuhrerklärung notwendig. Die wird rein elektronisch erfasst, benötigt Angaben wie den Grenzübergang und Kennzeichen des Fahrzeugs, also Dinge die bei Versand mit einem Paketdienst völlig offensichtlich und leicht mit einem halbstündigen Telefonat auch nur teilweise geklärt werden können.

Noch spannender wird es, wenn der Warenwert € 3000 überschreitet, oder der Paketdienst, wie mittlerweile fast alle, die Zollabwicklung nicht übernimmt. Dann reicht es nicht, dem Paket die Vorgangsnummer der Ausfuhranmeldung mitzugeben, Paket und Unterlagen müssen zum nächstgelegenen Zollamt. „Nächstgelegen“ und Brandenburg, da lachen Sie selber, oder? Bei uns sind es „nur“ 23 km Entfernung, aber bei 10 zuständigen Stellen in ganz Brandenburg kann das richtig witzig werden.

Also lieber Landtag, statt Schönwetterbeschlüsse zu fassen, damit man sich im Schein der Digitalisierung sonnen kann, geht doch mal praktische Probleme an. Die Unternehmen in Brandenburg brauchen Infrastruktur und weniger Bürokratie.


[1] https://www.piratenbrandenburg.de/2017/04/landtag-falsche-wirtschaftsfoerderung/

[2] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_6200/6286.pdf

[3] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_6300/6307.pdf

[4] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w6/drs/ab_6100/6118.pdf