Gastbeitrag Politik Umwelt- und Energiepolitik

Kein Wille zur nachhaltigen Stromerzeugung im Brandenburger Parlament

cc by Mainova AG

 

 

Am Freitag, 10. Juni 2016 geht es mal wieder um die Kohle in der Lausitz, und dazu gibt es auch gleich fünf Anträge von Regierung (SPD und Linke)  und rechter Opposition (CDU und AfD). Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie die Verheizung der Lausitz fortsetzen wollen.

 

Ganz rechts außen ([1],[4]) sind die altvertrauten Töne zum Schutz der Heimat zu vernehmen, die offenbar durch den Anblick von Windkraftanlagen nachhaltig zerstört wird. Könnte mal einer diesen ach so heimat verbunden Leuten erzählen, dass Windkraftanlagen auch wieder abgebaut werden können, wenn die Stromerzeugung aus anderen nachhaltigen Quellen gesichert ist (zum Beispiel aus Photovoltaik), die Abbaggerung ganzer Landstriche aber erst durch die nächste Eiszeit „repariert“ wird? Und auch mit der angeblichen Sorge um die gesundheitliche Gefährdung der Bürger ist es wohl nicht so weit her. Da müssen schon unbewiesene Infraschall-Beeinträchtigungen herhalten. Von Quecksilber, Uran und anderen Verbrennungsprodukten der Braunkohle mit nachweisbaren Schädigungen wird lieber geschwiegen. Es wird versucht mit Kosten zu argumentieren. Mit allerlei Unterstellungen und Auslassungen, um zu verhindern, dass Windenergie als das dasteht, was sie derzeit tatsächlich ist: Die preisgünstige Methode der Stromerzeugung.

 

Wie zu erwarten, wird im zweiten Antrag der Partei der „besorgten Bürger“ das Eindringen auf das Werksgelände von Vattenfall bei den Pfingstprotesten gegen die Weiterverkohlung (mit geringen Sachbeschädigungen – Zäune!) zur Diskreditierung der durchgehend sehr friedlichen und problembewussten (ja, auch für die Probleme der abhängig Beschäftigten) Proteste genutzt. Die nächtlichen Angriffe von Rechtsextremisten mit IGBE-Fahnen auf Gleisbesetzer werden völlig ausgeblendet – man darf vermuten, sogar gebilligt.

 

Nach CDU-Vorstellungen [2] soll die beschriebene temporäre Überversorgung durch weiter

laufende Kohlekraftwerke bei voll produzierenden Windkraftanlagen nicht etwa durch Verbesserung der Verteilung (Netzausbau) und vor allem durch Speicherausbau (z.B. verstärkte Investitionsförderungen für Power-to-Gas) reguliert werden, sondern durch Kappung der Windenergie – ohne die Kohle anzutasten. Dies ist effektiv ein Abwürgen der Energiewende und eine Verhinderung der Pariser Klimaziele – von einer bürgernahen und dezentralen, nachhaltigen Energieversorgungen ganz zu schweigen.

 

Akzeptanzprobleme für Windkraftanlagen gibt es tatsächlich, diese können aber nicht durch eine Flächenbegrenzung oder andere zentralistische Maßnahmen gelöst werden, sondern nur vor Ort durch Herstellung von Akzeptanz – durch Beteiligung der Betroffenen. Davon ist im CDU-Antrag kein Wort zu lesen.

 

Der Antrag der BvB/Freien Wähler [3] zielt mit seiner pauschalen 10-H-Abstandsforderung für Windkraftanlagen in die falsche Richtung. Auch hier werden wieder behauptete, aber nicht belegte,  gesundheitliche

Beeinträchtigungen durch Infraschall herangezogen, um als Verhinderungsargument zu wirken. Wirksame Maßnahmen gegen Infraschall durch Frequenzentkopplung, wenn er sich denn tatsächlich als ein Problem herausstellt, sähen anders aus. Auch hier stellt sich die Frage – wessen Interessen mit diesem Antrag verfolgt werden.

 

Die ersten beiden Absätze des Regierungsantrages [5] zur Fortsetzung der Energiewende und die Notwendigkeiten von Netzausbau und Speicherfähigkeit klingen sinnvoll. Danach wird es aber abstrus. Auch hier wird die Kohle nicht als Blockierer verstanden, sondern als Systemstabilisierer – was sie aufgrund der Trägheit der Kraftwerke nicht ist. Die vorher angesprochene Erhöhung der Speicherfähigkeit findet keine Entsprechung.

 

Auch dieser Antrag desavouiert die berechtigten Proteste zu Pfingsten von #EndeGelaende – die behauptete Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz bleibt völlig unzureichend.

 

Einzig ansatzweise sinnvoll erscheint der Antrag der CDU [6] zum Strukturwandel in der Lausitz – wenn er denn mit den energie- und klimapolitischen Notwendigkeiten in Übereinstimmung gebracht würde und zu einer ernsthaften und umfassenden wirtschaftlichen Umstrukturierung führen könnte. Aber so bleibt der Verdacht, dass dies wohlklingende Ansätze aus der Opposition heraus sind – die von der CDU mitverantwortete Zerstörung der Solarindustrie in Deutschland spricht eine andere Sprache.

 

Ach ja, der Klimawandel, die Pariser Verpflichtungen und die Braunkohle-Folgekosten [7]: Hat diese eigentlich noch irgendjemand im Brandenburger Parlament im Blick?

 

[1] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_3900/3925.pdf

[2] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_4200/4219.pdf

[3] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_4200/4276.pdf

[4] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_4200/4285.pdf

[5] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_4200/4291.pdf

[6] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_4200/4293.pdf

[7] https://www.rbb-online.de/wirtschaft/thema/braunkohle/beitraege/studie-warnt-vor-braunkohle-folgekosten.html

 

Nachtrag vom 8.6.: Offensichtlich wollen B90/Grüne  es besser machen und raus aus der Kohle – jetzt, wo sie nicht mehr an der Regierung sind: https://t.co/VqPagsSX2u

 

 

Ein Rant von Thomas Langen, PIRATEN Brandenburg