Von Raimond Heydt. Alle Jahre wieder findet zu Jahresbeginn die Münchener Sicherheitskonferenz statt – eine Tagung von internationalen Sicherheitspolitikern, Militärs und Rüstungsindustriellen [1]. Bundespräsident Joachim Gauck nutzte die Gelegenheit, Deutschlands zukünftige Rolle in der Welt zu beschreiben [2]. Militärische Intervention rund um den Globus sollen nach Gauck zum Normalfall werden.
Natürlich nicht im Alleingang, sondern im Rahmen der EU oder der NATO. In diesem Zusammenhang fordert unser Bundespräsident dann auch indirekt den Umbau des Verteidigungsbündnisses zu einem offensiven globalen Interventionsbündnis und ganz direkt höhere Militärausgaben. Zitat: “An der Nato halten wir fest. Aber über die Ausrichtung der Allianz debattieren wir seit Jahren, und ihrer finanziellen Auszehrung werfen wir uns nicht entgegen.” Wie titelt Spiegel online so schön: “Gauck auf Sicherheitskonferenz: Deutschland, auf in die Welt” [3]
Gauck weiter: “Seit der Wiedervereinigung hat sich Deutschland auf den Weg gemacht. Schritt um Schritt wird die Bundesrepublik von einem Nutznießer zu einem Garanten internationaler Sicherheit und Ordnung. […] Die Bundesrepublik muss dabei auch bereit sein, mehr zu tun für jene Sicherheit, die ihr über Jahrzehnte von anderen gewährt wurde.”
Wie begründet Gauck Deutschlands neue Rolle als globale Ordnungsmacht? Zitat: “Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert und profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung – einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden. Aus all dem leitet sich Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: Dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.”
Übersetzt heißt das: Die aktuelle Weltordnung ist für uns profitabel, deshalb sollten wir sie mit militärischer Gewalt aufrecht erhalten. Deutschlands Sicherheit wird also auch weiter am Hindukusch verteidigt und auch die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit militärischer Gewalt wird durch diesen Begründungszusammenhang gedeckt. Werteorientierung meint wohl militärische Angriffe zum vermeindlichen Schutz von Menschenrechten. Zitat Gauck: “Zudem sollte es heute für Deutschland und seine Verbündeten selbstverständlich sein, Hilfe anderen nicht einfach zu versagen, wenn Menschenrechtsverletzungen in Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit münden.”
Kein Wort Gaucks zur verlogenen Doppelmoral in den internationalen Beziehungen. Kein Wort zu politischen Lösungsansätzen für die globalen Verwerfungen oder zu der fehlenden Demokratie auf diesem Planeten. Niemand, auch der Bundespräsident, käme auf die Idee Russland, China oder Saudi-Arabien anzugreifen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen einer globalisierten Welt gestaltet sich profitabel, da stören fehlende Menschenrechte doch nicht wirklich. Und was interessiert uns die Ausbeutung von Mensch und Natur am anderen Ende der Welt, solange sie für uns profitabel ist. Deutschland will weiterhin die Sahne des globalen Kapitalismus abschöpfen und ist nach Gauck dafür bereit, diesen Anspruch zukünftig stärker militärisch zu unterstreichen. Nach offiziellen Zahlen des Weltflüchtlingswerkes (UNHCR) ist Kolumbien mit Abstand das Land mit den meisten Flüchtlingen weltweit. Man ist mit Gauck fast geneigt zu sagen: Bundeswehr, auf in die kolumbianischen Dschungel Ordung und Sicherheit wieder herstellen.
Wir PIRATEN lehnen diese Haltung ab. In unserem Grundsatzprogramm heißt es: “PIRATEN denken und handeln global. Wir formulieren nicht die Interessen Deutschlands oder Europas, sondern eine Außenpolitik, welche die Bedürfnisse aller Menschen im Blick hat.” [4] Wir stehen für eine postnationale Außenpolitik, weil wir begriffen haben, dass Konflikte in der heutigen Zeit nicht mehr vorrangig zwischen Nationalstaaten, sondern zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verlaufen.
Uns geht es um Teilhabe an der Gesellschaft. Milliarden Menschen leben am Rand der von Gauck propagierten Weltordnung. Ohne Rechte, ohne Stimme. Und wer hat diese Weltordnung geschaffen? Es sind genau jene Sicherheitspolitiker, Militärs und Rüstungsindustriellen, welche sich jedes Jahr in München treffen. Globale Demokratie scheitert nicht an Afrika, Asien oder Südamerika, sondern an Europa und Nordamerika. Wir sind vergleichsweise wenige Menschen und nicht gewillt dem Rest der Welt gleichberechtigten Zugang zu globalen Entscheidungen zu gewähren. ‘One (wo)man, one vote’ bedeutet, dass die Entrechteten dieser Welt die Regeln setzen könnten. Die Frage nach einem sozialen Ausgleich auf diesem Planeten wäre schnell entschieden. Seit Jahrhunderten begründen wir die westliche Vormachtstellung und die damit verbundenen Privilegien durch militärische Gewalt. Wir wären gut beraten, diese Logik endlich zu durchbrechen.
Und auch zum digitalen Ausverkauf unserer Menschen- und Bürgerrechte hat Gauck noch etwas zu sagen. Zitat: “Wir beschweren uns, zu Recht, wenn Verbündete bei der elektronischen Gefahrenabwehr über das Ziel hinausschießen. Und doch ziehen wir es vor, auf sie angewiesen zu bleiben und zögern, die eigenen Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr zu verbessern.”
Aha! Die offensichtliche Tatsache, dass es bei den digitalen Spionageprogrammen um Wirtschaftsspionage und allgemein um Kontrolle über die Menschen geht, wird einfach ignoriert (Stichwort #Merkelphone) und als durchaus legitime Gefahrenabwehr verharmlost. Nett, dass uns Gauck wenigstens das Recht zuspricht, sich beschweren zu dürfen. Weniger nett, dass er im nächsten Atemzug gleich eine deutsche NSA fordert.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchner_Sicherheitskonferenz
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gauck-rede-im-wortlaut-deutschland-muss-bereit-sein-mehr-zu-tun-12778744.html
[4] http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Au.C3.9Fen-_und_Sicherheitspolitik
Guten Hunger!
So viel Heiße Luft um Dinge, die wohl eh jedem halbwegs vernünftige Mensch klar sind. Es ist nicht unbedingt Doppelmoral, die dahinter steht. Warum ist den Deutschland so kleinlaut gegenüber der USA? Weil wir im Sicherheitsfragen keine eigenen Eier haben! Soll heißen: Europa ist nicht in der Lage den Amis in Punkto Informationsdienste oder Militär das Wasser zu reichen… Will Deutschland etwas gegen die Übermacht der Amis tun, muss es Handeln! Die Frage ist nur, spielen wir den good guy oder den bad guy… Bisher waren wir jedenfalls nur der Hofnarr, oder Handlanger…
In Anbetracht der katastrophalen Ergebnisse aller Einsätze der Bundeswehr im Ausland der letzten Jahre halte ich die Vermittlerrolle für angebracht, und die wirtschaftliche Stärke Deutschlandes kann hier helfen…
Die Welt ist komplizierter als sie scheint, erst denken – dann kannst du immer noch kotzen, wenn es sein muss…
@DieSaureBasis Durch wen siehst du unsere Sicherheit bedroht? Durch Frankreich? Durch England? Durch Polen? Durch Italien oder Spanien, durch Skandinavien? Durch Russland? Durch China? Durch Saudi-Arabien oder die USA?
Bei mindestens einer Nation -so wir den Enthüllungen um Edward Snoden glauben schenken wollen- wissen wir, dass sie unserer Recht auf Privatssphäre nicht anerkennt. Unternehmen werden ausspioniert, Daten gehandelt, etc.
Meine Freiheit ist deine Freiheit ist die Freiheit aller Menschen.
lg Raimond
Ich sehe unsere Sicherheit bedroht durch die Politiker in Deutschland. Ihre Aufgabe ist es, die gesetzlichen Grundlagen zum Schutz der Bürgerrechte zu schaffen. Auch Geheimdienste, Juristen und Polizei versagen hier bei der Anwendung bestehender Gesetze völlig. (Warum sieht die Bundesstaatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht, beim ausgespähten Mobil der Kanzlerin? Warum wird nicht ermittelt?) Ist doch egal wer uns ausspäht, so lange es zugelassen wird, sind wir selber Schuld… Aber klar, Du kannst gern ein Paar nationalstaatliche Feindbilder hier her stellen, a la Politik 20. Jahrhundert….
Solch ein Artikel gehört nicht auf die Seite eines Landesblogs. Hier steckt so viel Meinungsmache drin, das gehört auf den Blog des Autors. Wenn so etwas auf dem Landesblog steht, ensteht der Eindruck, dass die Mehrheit der Brandenburger Piraten dem Inhalt zustimmt; allein ich kenne mehrere Piraten, die das hier sehr befremdlich finden.
Als Nichtbrandenburgerin muss ich (von außen betrachtet) feststellen, dass solche Beiträge dem desolaten Landesverband nicht weiterhelfen, eher schaden.
Ich habe mich mal gefragt, welchen Grund es geben könnte, für diesen Herrn Heydt, hier plötzlich eigene Artikel einzustellen. Offensichtlich verspricht er sich einen Vorteil für die Aufstellungsversammlung zur Landtagswahl! Ich finde es seitens des Landesvorstandes und der Presseverantworlichen befremdlich, hier eindeutig parteiisch einen Herrn wie diesen zu puschen!!! Pfui!
Bitte bleibe sachlich. Solltest Du in Zukunft weiter darauf bestehen, unbewiesene Anschuldigungen zu verbreiten, dann bitte tue das unter Deinem vollen Namen.
Ich habe mir den Artikel noch einmal durch gelesen. Ich kann nichts finden was dem grundsätzlichen Gedankengut der Piratenpartei entfernt ist. In dem “political correctness” Test würde ich den Text eher durchfallen lassen aber das genau ist ja so erfrischend.
Zu Veronika darf ich mitteilen, dass ich auch mehrere Piraten kenne (und zwar aus Brandenburg) die das nicht “befremdlich” finden, und nun? Sind wir damit auch nur einen Schritt weiter gekommen?
Man darf denken und darüber schreiben. Auch auf diesen Blog, Vielleicht könnte Veronika einen Text einreichen der näher das beschreibt was ihr “befremdlich” vorkommt. Sollte unbedingt veröffentlicht werden, hier, dafür würde ich mich einsetzen.
Viel Lärm um Nichts.
Du hast es nicht verstanden.
Hi Veronika,
Dir geht es darum, dass der Text nicht dort sein sollte wo er ist. Es ist Dir und anderen “befremdlich,” dass hier “Meinungsmache” betrieben wird wo doch eine Nutzerseite als Ort von “Meinungsmache” besser infrage kommen könnte.
Ich verstehe das Wort “Meinungsmache” nicht. Wenn wir es auch dem Geruch des Negativen herausnehmen bleibt nur übrig zu sagen: Eine politische Partei will Öffentlichkeit herstellen, “Meinung” teilen, darüber diskutieren und letztlich auch “Meinung” mitteilen und zwar immer wieder und wieder. Das nennt man dann Öffentlichkeitsarbeit. Und damit nicht jedes einzelne Mitglied über den Rahmen springt gibt es ein Programm, wo in etwa diese “Meinung” irgendwie schon abgebildet ist.
Der Text wurde mit Namen gezeichnet, dies sollte sicherlich auch als ein Hinweis dienen.
Wer sich an den Text stößt, der sollte die Kommentar Funktion nutzen und sich Mühe machen.
Niemand kann auf die Idee kommen, dass die Meinung des Autors identisch mit der Meinung des Landesverbandes sein könnte. Dafür, abgesehen von dem voran gestellten Namen, war der gesamte Text auch in einem sehr privaten Stil gehalten.
Die Einteilung “was nach kontrovers riecht” soll nach hinten, in die erste Reihe nur Geschöntes, gerade Gebogenes, entspricht nicht der Piraten Idee.
Hoppla, was vergessen.
Deine Behauptung, “dass solche Beiträge dem desolaten Landesverband nicht weiterhelfen, eher schaden.” ist falsch.
Solche Beiträge bieten die Möglichkeit inhaltlich sein zu dürfen. In dieser Disziplin liegt großflächig ein Mangel vor der hier gern gepflegt wird. Denn wäre dem nicht so, könnte die Erkenntnis reifen, dass einige die so lauthals “Meinung” machen (im Landesverband) über keine Inhalte verfügen, unfähig sind diese zu formulieren. Die Urangst vor dem Raubtier: “…..hilfe jetzt kommen Inhalte, rette sich wer kann.”
Du hast es immer noch nicht verstanden, vermutlich fehlen Dir Hintergrundinformationen. #letzterKommentar
Liebe Veronika, es wäre sehr schön, wenn Du diese Ankündigung wahr machst
Wer bitte von dieser “Presseabteilung” hat denn diesen Wunsch? Die gesamte Presseabteilung? Ich lache hart!