Sehr geehrte Redaktion,
sehr geehrter Herr Keller.
ich musste ein wenig lachen, als ich Ihren Artikel (http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1174092 ) gerade gelesen habe; weist er doch auf den ersten Blick kaum Schnittmengen zu dem auf, was man „Realität“ zu nennen pflegt. Gut geschrieben ist er dennoch, denn die perfide Behauptung, die PIRATEN könnten sich zum Skandal um die Spionageprogramme „PRISM“ und „Tempora“ nicht äußern, ist tatsächlich sehr gut formuliert: Die einzelnen Sätze sind aussagenlogisch sehr wohl „wahr“ – lediglich der Eindruck, der vermittelt wird, könnte falscher nicht sein.
Tatsächlich haben Sie vordergründig Recht: „Man hört nichts“, und „lediglich einzelne Stimmen“ dringen an die Öffentlichkeit. Das liegt aber nicht daran dass wir – wie Sie in Ihrem letzten Satz behaupten – schwiegen. Denn das tun wir wahrhaftig nicht.
Auf der Website http://www.piratenpartei.de/ – geben Sie mal bei der Suchmaschine Ihres Misstrauens „Piraten“ ein, die Chance sie zu finden ist recht gut – sind permanent drei von den PIRATEN initiierte Aktionen verlinkt: http://stopwatching.de/ fordert die Europäische Kommission auf, unverzüglich ein Vertragsverletzungsverfahren (Art. 258 AEUV) wg. Verstoßes gegen das Grundrecht auf Datenschutz (Art. 16 AEUV) gegen den EU-Mitgliedsstaat Großbritannien zu eröffnen, stellt einen Sechs-Punkte-Plan vor, wie dem PRISM-Skandal zu begegnen ist und welche Lehren man daraus ziehen sollte (übrigens von Piratenparteien aus aller Welt, u.a. auch den USA unterstützt) und unter findet man Ort und Zeit von Veranstaltungen, an denen PIRATEN (und andere Fachleute) jeder und jedem Interessierten einfache Wege zur Datenverschlüsselung näher bringen.
Darüber hinaus sind allein auf der Startseite http://www.piratenpartei.de/ nicht weniger als fünf verschiedene Mitteilungen und Artikel zum derzeitigen Überwachungsskandal zu finden.
Es fehlt auch kein „Spitzenkandidat“ der sich zu PRISM äußern sollte – es ist eine ganze Partei die das tut. Viele Piraten aus dem ganzen Bundesgebiet äußern sich zu PRISM u. Tempora. Auch unsere Abgeordneten und Fraktionen tun das. Bereits vor einer Woche, am 8. Juli 2013 beantwortete die Website der Bundespartei die Frage „Was machen die Piraten eigentlich gegen Überwachungsprogramme wie PRISM und Tempora?“ – die Antwort ist ausgedruckt ca. 9 Seiten lang und besteht zu einem großen Teil aus Links auf Statements, Erklärungen und Aktionen.
Dass „man nichts hört“ liegt also sicher nicht daran, dass wir nichts äußerten. Viel mehr liegt es daran, dass „man“ nicht zuhört. So wie Sie offenbar. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Sie garnicht erst gefragt haben. Unsere Websites sind ja nicht schwer zu finden und Material zu PRISM, Tempora und den damit zusammenhängenden Skandalen findet sich dort zu Hauf. Hätten Sie gesucht, hätten Sie auch mannigfaltig gefunden. Ebenso kann man dort mit nur sehr wenigen Klicks Kontaktdaten zu unserer Pressestelle finden. Dort arbeiten fleißige und gut informierte Menschen, die gerne Interview-Partner vermitteln. Den Brandenburger Daniel Domscheit-Berg (durch seine Erfahrungen bei „Wikileaks“ wohl auch qualifizierter als jeder „Spitzenkandidat“) kennen Sie ja sogar selbst…
Interviewpartner gibt es auch im direkten Einzugsgebiet der MOZ. Die MAZ beispielsweise hat sie gefunden (vgl. http://www.maz-online.de/Lokales/Dahme-Spreewald/E-Mails-im-Netz-so-sicher-wie-Postkarten ). Vielleicht übt man sich dort ja in Recherche.
Wenn Ihnen aber auch das Fragen zu kompliziert (oder unbequem ist) und Sie dennoch etwas von den Piraten zu den Überwachungsskandalen hören wollen, dann antworten Sie einfach auf diese Mail. Ich komme gern zu fast beliebigen Zeiten zu Ihnen in die Redaktion. Ich erreiche sie fußläufig.
Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt (Oder),
Simon Gauseweg
Hier noch eine Ergänzung aus NRW, die die Situation unterstreicht:
http://www.daniel-schwerd.de/die-piraten-machen-ja-nichts-zu-prism-und-tempora/
Höhepunkt:
„Ich habe unsere Anträge auch verschiedenen Redaktionen direkt geschickt, man möge doch darüber im Thema Prism und Tempora berichten. Von den meisten kam gar keine Rückmeldung. Von einer kam die interessante Antwort “Haben wir schon reichlich. Aber wie wäre es mit einem Kommentar, weshalb man von den Piraten gerade jetzt so wenig sieht?”“
http://www.daniel-schwerd.de/radiointerview-mit-detektor-fm-da-ist-mir-dann-ein-wenig-die-hutschnur-geplatzt/
Daniel Schwerd ist seit Mai 2012 Abgeordneter im Landtag Nordrhein-Westfalen der PIRATENFRAKTION. Er ist Sprecher für Wirtschaft-, Netz- und Medienpolitik der Fraktion, und Stv. Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien. (von seinem Blog geklaut und überarbeitet)