Vielleicht erinnert sich noch jemand: Anfang des Jahrtausends hoffte die Musikindustrie das ultimative Mittel gegen illegale Kopien gefunden zu haben – es hieß Kopierschutz. Absichtlich wurde der CD-Standard gebrochen und Fehler eingebaut, mit denen man die unautorisierten Kopien in den Griff bekommen wollte. Natürlich war dieser ‘Schutz’ schnell umgangen, entsprechende Kopierprogramme existierten. Daher setzte sich die Lobby für ein Gesetz ein, dass die Kopien begrenzen sollte. 2003 wurde dann vom Bundestag die Erweiterung des Urheberrechtsgesetzes beschlossen, die die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen unter Verbot stellte (§ 95a UrhG).
Natürlich ließen sich die echten Raubkopierer nicht davon abhalten – schließlich war ihr Tun schon zuvor illegal gewesen. Plötzlich aber war es verboten die Musik von legal erworbenen CDs auf MP3-Player zu überspielen. Zudem kamen im Kielwasser des Gesetzes immer mehr kopiergeschützte Medien auf den Markt. Es gab einigen Protest, so rief der CCC zum Boykott der Musikindustrie auf. Geändert wurde jedoch nichts, in den Folgejahren gab es mehr kopiergeschützte Medien und weiterhin das Verbot zum Kopieren derselben.
Doch das Problem illegaler Kopien wurde damit nicht gelöst. Im Gegenteil: Ehrliche Kunden hatten durch den Kopierschutz Nachteile, die die Schwarzkopierer nicht hatten. Eine Beschränkung der Verfügbarkeit von kopiergeschützten Medien in Tauschbörsen fand nicht statt. Wer dagegen legal kaufte, musste mit den Kopierschutzeinschränkungen leben.
Die Verkäufe der Musikindustrie brachen weiter ein. Es begann erste legale Downloadmöglichkeiten im Internet zu geben. Doch auch diese waren mit Kopierschutzeinschränkungen versehen. Diese Bezahlownloads wurden wegen des Kopierschutzes weitgehend ignoriert. So langsam setzte sich in der Musikindustrie die Erkenntnis durch, dass der Kopierschutz eher ein Verkaufshemmnis ist, als dass er den Umsatz vor illegalen Kopien schützt. Es gab immer mehr CDs ohne Kopierschutz und auch im Internet setzten sich Bezahldownloads ohne Kopierschutz durch. Seit April diesen Jahres kann man Musik der Major-Labels legal im Netz ohne Kopierschutz erwerben.
Dies ist sicherlich eine erfreuliche Entwicklung, aber das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen bleibt bestehen. Das bedeutet: weiterhin können in den letzten Jahren legal erworbene kopiergeschützte Medien nicht für den Eigengebrauch in andere Formate überführt werden (OGG, MP3). Weiterhin ist es illegal, gekaufte DVDs mit Open-Source-Software abzuspielen. Weiterhin dürfen Blinde nicht den Kopierschutz auf E-Books knacken, damit sie es per Sprachausgabe oder auf Braille-Geräten ausgeben können.
Die Musikindustrie hat vorgezeigt, dass sie lieber auf Kopierschutz verzichtet, weil dieser nicht das Problem der illgalen Kopien bekämpft. Damit ist der § 95a UrhG – Verbot der Umgeheung von Kopierschutzmaßnahmen – nicht mehr länger notwendig und die Einschränkungen durch dieses Verbot nicht hinnehmbar. Der Paragraph sollte also wieder entfernt werden. Dies fordert aktuell eine E-Petition. Wer das Anliegen unterstützt, sollte diese mitzeichnen.
Auch eine sinnvolle Petition. Weiter So!
Ich fände es aus taktischen Gründen gut, wenn auch eine Petition, die nichts mit Internet- oder Piraten-Themen zu tun hat, die 50’000 knackt. Andernfalls entsteht bei Medien und Politikern zu schnell der Eindruck, das ePetitions-System würde nur von “Internet-Spinnern” genutzt, die ihr “Spielzeug” verteidigen wollen.
Daher schlage ich vor, die Petition zur klimafreundlichen Besteuerung von Dienstwagen zu unterstützen. Sie ist gut durchdacht und überzeugend formuliert. Es geht um wichtige Themen (Klima, Steuern) und betrifft Otto-Normal-Wähler. Eine hohe Beteiligung liese ePetitionen allgemein in einem besseren Licht erscheinen.
Hallo Jan,
zur Info: so eine Petition (mehr als 50.000) gibt es bereits. Sie befindet sich derzeit “in der parlamentarischen Prüfung”.
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=1422
Und es gab auf der “alten Plattform” im Juni 2008 eine Petition zur “Halbierung der Besteuerung von Diesel und Benzin”, die es auf 128.193 Mitzeichner brachte. Allerdings muß man fairer Weise dazu sagen, das es wohl damals einfacher war mehrfach zu zeichnen.
Hallo Jörgen,
ich möchte lediglich ein paar Anregungen geben, falls zu einer Anhörung kommen sollte:
Zum einen tu ich mich mit dem Wort Raubkopierer etwas schwer. Ich will jetzt kein ‘Krümelkacker’ sein, aber die Verwerter verstehen darunter ja wohl jeden, der eine Kopie anfertigt und nicht vorher um Erlaubnis gefragt hat, obwohl das Urheberrechtsgesetz “einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch” ja durchaus gestattet. Was auch gut so ist! Ich nehme an, hier sind professionelle gemeint, die im größeren Umfang illegale Kopien mit einer Gewinnerzielungsabsicht erstellen, gemeint. Vielleicht läßt sich ja treffenderer Begriff dafür finden.
evtl. könnte man erwähnen das die sogenannten ‘Kopierschutzeinschränkungen’, nicht zuletzt auch weil die Gerätehersteller aus kostengründen PC-Laufwerke in Autoratios, DVD- und CD- Playern verbauen, in einem ‘Abspielschutz’ für ehrliche Käufer ausartete. Ein Problem, welches ein illegaler Kopierer gar nicht erst hatte, da sein angefertigter Tonträger der Formatspezifikationen für Digital-Audio-CDs, der von Philips und Sony 1979 festgeschrieben wurde, entspricht. Es ist eigentlich eher traurig, das man legal erworbe Tonträger zum Teil eben nicht mehr auf Geräten abspielen kann die dieser Formatspezifikationen entsprechen. Was sollte also der ehrliche Käufer Ihrer Meinung nach tun?
Auch die formulierung im § 95a “Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz” ist keine besonders glückliche. Ich behaupte jetzt mal, das mehr als 80% der jenigen natürlichen Personen, die in der lage sind eine legale Kopie zum privaten Gebrauch anzufertigen, auch in der Lage sind sich das Wissen anzueignen, wie man mit relativ geringen Aufwand trotz ‘Abspielschutz’ eine Kopie erzeugen kann die dann wiederum der Formatspezifikationen für Digital-Audio-CDs entspricht und zum Teil erst damit im vollen Umfang für den legalen Erweber nutzbar wird. Allerdings gibt es hier nach bestehender Gesetzeslage keine eindeutige Rechtssicherheit. Es muß also erst durch ein Gericht festgestellt werden was denn nun eine “Wirksame technische Maßnahme” ist, wobei ich der Meinung bin, wenn 80% das können ist es keine, jedoch die Verwertungsindustrie das mit Sicherheit anders bewertet.
Technischer Hinweis. Bitte entschuldigt, wir versuchen derzeit die Technik zu überlisten. Aus unbekannten Gründen werden die meisten Kommentare als Spam kategorisiert und erst nach Freigabe des Admins erscheinen. Wir hoffen das Problem in Kürze zu lösen.
Jetzt steh ich doppelt drin. Bitte löscht den ersten. Der zweite hat drei Worte mehr. Und dieser kann auch gelöscht werden 😉
Ich habe das Word Raubkopierer hier im Artikel nur einmal verwendet und das sogar bewusst, um die Rhethorik der Industrie wiederzuspiegeln. Sollte ich tatsächlich vor den Petitionsausschuß geladen werden, dann verwende ich den Begriff nicht. Unautorisierte oder illegale Kopien sind ein geeigneter Begriff.