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Finanzkrise, – wie weiter?

inflation_kachelofenjpgBundesfinanzminister Peer Steinbrück warnt vor einer weltweiten Inflation infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise. “Es wird so viel Geld in den Markt gepumpt, dass die Gefahr einer Überlastung der Kapitalmärkte und einer weltweiten Inflation im Wiederaufschwung drohen könnte.” Eine Hyperinflation, also eine unkontrollierbare Inflation mit extrem steigendem Preisniveau drohe jedoch nicht, da es keine Alternative zu Dollar und Euro gäbe.

Bisher gehen “optimistische” Schätzungen davon aus, das die deutsche Wirtschaft um 4% in 2009 schrumpft, -doch die Industrie ist derzeit nur zu 70 Prozent ausgelastet. Die Schätzung über Zeitraum und Quantität bleibt also heikel. In einzelnen Branchen liegt die produktive Auslastung nur noch bei der Hälfte. Zahlreiche Zulieferer stehen vor einem Liquiditätsproblem welches man beispielsweise über die Abwrackprämie zu überbrücken gedenkt. In 2009 wird daher mit ein Rückgang der industriellen Produktion um bis zu einem 1/7 gerechnet. Zugleich werden weniger Auftragseingänge als im Jahr 2000 verzeichnet. Im Monat März 2009 ist die Arbeitslosigkeit erstmals seit 1981 Jahren angestiegen, – bei aktuell 1 Mio. Kurzarbeitergeldempfängern. Der letzten Aufschwung ist damit bereits jetzt, zu Beginn der Krise, aufgebraucht. Eine Rezession wird erwartet deren Hauptlast die Beschäftigten tragen. Über Kurzarbeit verzichten sie auf Einkommen oder werden ihren Arbeitsplatz verlieren, andere werden keinen Ausbildungsplatz finden.

Zu den Ursachen meinte Heiner Flassbeck (Chefökonom der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz) in der TAZ: “Die Banken und Fonds hatten zu lange mit fremden Geld darauf spekuliert, dass Aktien, Währungen, Rohstoffe und Immobilien ständig teurer werden.”

Diese Spekulation auf stetiges Wachstum sei zusammengebrochen. Jetzt versuche jeder Kosten senken, Wertpapiere und Vermögensteile abzustoßen. Weil das aber, zugleich auch alle anderen machen, sinken die Preise weiter und die Krise droht sich zu verschärfen. Bürger und Firmen schieben Anschaffungen auf die lange Bank, weil sie auf noch günstigere Preise hoffen, Kredite steigen im Wert, eine Pleitewelle und Arbeitslosigkeit folgen. So zumindest war es in der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre – aus der Deflation wurde eine Depression. Das zu verhindern ist das Ziel des Staates. Das Problem ist, die Programme wirken zeitverzögert und werden vermutlich erst 2010 greifen.

So hatte das Statistische Bundesamt kürzlich bekanntgegeben, dass in Deutschland die Jahresteuerung im März auf dem niedrigsten Wert seit einem Jahrzehnt lag. Die Rate von 0,5 Prozent entspricht dem Stand von Juli 1999. Die Behörde machte insbesondere sinkende Preise für Kraftstoffe und Heizöl verantwortlich, welche aus sinkender Nachfrage und aus Produktionsausfall resultieren. Zugleich geben die Märkte Rabatte, Löhne geraten unter Druck und die Preissteigerung nähert sich der Null. In den kommenden Monaten wird daher mit einer vorerst anhaltenden Deflation gerechnet.

Die EZB könnte bald nichts anderes übrig bleiben als neues Geld in das System pumpen, weil alle Marktakteure überschuldet sind und eine Schuldendeflation droht. In anderen Ländern pumpen die Notenbanken daher über den Gelddruck frisches Kapital in die Märkte, – sie gleichen damit die Summen aus, die aus dem Markt herausgefallen sind. Sobald die Werte für Immobilien und Aktienkurse wieder anziehen und die Banken sich wieder Geld leihen, sollen die Notenbanken das in den Kreislauf eingebrachte Geld wieder herausziehen um die Währungen stabil zu halten.

Bisher konnte sich die europäische EZB mit Gedanken dieser Art nicht anfreunden, hat aber zugleich so ziemliche alle Arten von Sicherheiten akzeptiert und den Banken Geld geliehen sowie die Zinsen rapide gesenkt.  Ohne diese Milliardenkredite wäre das europäische Bankensystem vermutlich bereits zusammengebrochen.

Doch die Banken blasen damit lediglich ihre eigenen finanziellen Reserven auf, statt Kredite weiterzugeben. Und so kommt das Geld letztlich nicht in der Realwirtschaft an, – welche das Geld aber dringend benötigt. Zugleich wertet der Dollar gegenüber dem Euro weiter ab und der Export wird zusätzlich erschwert. Der Druck einzugreifen, wächst somit auf die Zentralbank.

Analysten und Banker glauben daher, dass die EZB die Geldpressen anwerfen wird und an den Banken vorbei in den Markt einbringt, – ein Vorgang der im angloamerikanischen Raum “Bilanzausweitung” genannt wird und in Europa eines auszufeilschenden Verteilschlüssels bedürfte.

Die EZB hat jedoch ein rechtliches Problem, sie darf keine Staatsanleihen direkt erwerben, – da es der EZB verboten ist, Staaten direkt zu finanzieren. Die EZB kann das Verbot aber umgehen, indem sie Anleihen am Sekundärmarkt kauft, – sie setzt sich dann allerdings dem Geruch von Industriepolitik aus und könnte ihre politische Unabhängigkeit gefährden.

Mit der kreditgestützten Ankurbelung der Binnennachfrage droht jedoch ein neues Problem, – da dem Geld keine realen Werte gegenüberstehen, entsteht die Gefahr einer Inflation, sobald die Krise vorüber ist. Bedeutet, der Staat stellt den Ersatz von Nachfrage, welche aus den privaten Märkten nicht zu Stande kommen und dieses Geld wird wiederum meist durch zusätzliche staatliche Schuldenaufnahme finanziert, aber zugleich nicht durch Steuereinnahmen oder andere Gebühreneinnahmen gedeckt. Über die Krise hinaus, droht damit eine Fortsetzung der Krise, zugleich werden kommende Generationen mit einer schweren Hypothek belastet. Etwa 2011 könnte nach verschiedenen Aussagen das Modell der “Inflation” Realität werden. Die Frage, ob es dann eine Inflation gibt, entscheidet sich  durch die Haltung der Zentralbanken, ob sie dann, wenn die Konjunktur stabilisiert ist, die Zinsen so zügig heraufsetzen wie sie diese derzeit purzeln lassen.  Politik und Zentralbanken hätten aber durchaus Zeit, die Überschussliquidität in den Griff zu bekommen.

Straubhaar, Präsident des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI meinte dennoch zur TAZ: „Wir werden uns auf Raten von fünf bis zehn Prozent einstellen müssen. Das ist der Preis der Krise, den Europa zahlen wird.“ Das ist durchaus denkbar, da sich die Währungsstabilät in Abhängigkeit zum Dollar bewegen wird. In den USA jedoch druckt man seit einiger Zeit massiv Geld und die Fed ist nicht wirklich politisch unabhängig um sicher abschätzen zu können ob sie nicht doch weiterdruckt. Mit einer solchen Inflation würde der Staat zunächst kein Problem haben. Die Staatsschulden werden schleichend entwertet und die hohen Verbindlichkeiten der Haushalte gleich mit, – nötig hätte es nicht nur unser Staat.

Offiziell beträgt die staatliche Verschuldung 1,5 Billionen Euro, also etwa 65 % des Bruttoinlandsprodukts. Mindestens 4,1 Billionen Euro implizite Schulden müssen aber bis 2040 noch hinzugerechnet werden, wir kommen also insgesamt auf die sagenhafte Summe von 5,6 Billionen Euro Staatsverschuldung, der IWF geht sogar von 8 Billionen Euro aus. (Zum Vergleich: das private Nettovermögen entspricht etwa 8 Billionen Euro.) Davon bestehen allein 2,3 Billionen Euro aus Pensions- und Versorgungsansprüchen der Beamten und vorsichtig geschätzte weitere 1,7 Billionen Euro in vorhersehbaren Kosten aus der kollabierenden Renten- und Sozialversicherung. Rückstellungen für diese Verbindlichkeiten bestehen nicht. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach der Schuldanteile bemessen werden sind real nichts anderes als unverdiente, zukünftige Steuereinnahmen.

Der Bürger hätte dann wiederum das Problem. Sein Lohn und seine Rente würden entwertet werden. Um es mit dem Ökonomen Keynes zu sagen: “Mit dem kontinuierlichen Prozess der Inflation kann der Staat heimlich und unbeobachtet einen Großteil des Reichtums seiner Bürger konfiszieren. Mit dieser Methode können die Regierungen nicht nur konfiszieren, sondern willkürlich konfiszieren. Der Prozess stellt alle verborgenen Kräfte und ökonomischen Gesetze in den Dienst der Zerstörung, und er macht es auf eine Art und Weise, die nicht einer aus einer Million Menschen zu erkennen vermag”.

Der teuerste Wahlkampf aller Zeiten, könnte dann ein zweites bitteres Nachspiel haben. Einen solchen Absturz der Wohlstandsskala gilt es zu verhindern, daher muß die ungebremste Überschuldung  des Staates gestoppt werden. Neue Programme darf es nicht mehr geben, oder man muss den Menschen sagen, wer sie finanziert bzw. wann, wieso und mit welchem Risiko. Unsere Verdacht ist; die Rentner, Sparer, Transfer- und Lohnempfänger sollen über Inflation, sowie Lohn- und Leistungskürzungen die Hypotheken bezahlen. In einem Wahljahr muss Rechenschaft und Ehrlichkeit bei Belastungen dieser Kategorie selbstverständlich sein.

Kaum vorstellbar ist auch, dass diese Krise mit einer starken demokratisch organisierten Zivilgesellschaft möglich gewesen wäre. So darf anzweifelt werden ob dann ungehemmtes Wachstum ein gemeinschaftlich getragener, dauerhafter Lösungsansatz gewesen wäre. Es ist Zeit, für unseren Parlamentarismus zu lernen und kritische Stimmen einzubeziehen.

  1. sweetspot

    Dass es soweit kommen würde, dürfte seit 100 Jahren klar sein. Ein zinsbasiertes Fiat-Money-System, also aus dem Nichts geschaffenes Geld, geliehen von Privatbanken gegen Zinsen, kann nicht funktionieren. Es führt immer dazu, dass Vermögen von Arm nach Reich umverteilt wird.

    Einzige Lösung: der souveräne Staat muss sein Geld selbst drucken und es zinslos in Umlauf bringen!

    Allerdings werden da die Finanzeliten (denen, nebenbei bemerkt, auch die Privatgelddruckmaschine “Federal Reserve” gehört) etwas dagegen haben, nicht umsonst sind sie seit Generationen darauf eingeschworen, sich des Vermögens der Völker zu bemächtigen.

    sweet.

  2. Als Autor des Textes, ist meine Meinung: Im Rahmen der derzeitige Krise, kann man fast nichts mehr beitragen. Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Es bleibt zu hoffen, dass man jetzt den Schaden so gering wie möglich hält.

    Ggf. wird uns nichts anderes übrig bleiben, als hier und heute die Suppe auszulöffeln, die man uns eingebrockt hat und die wir leider auch zu wenig lautsstark bekämpft haben. Ob wir dafür jemanden finden, der für uns bezahlt, bezweifle ich.

    Es wäre besser für die Zukunft, wenn die Bevölkerung genug Instrumente hat, rechtzeitig “gegenzusteuern” und zu wissen worum es geht. Die Krise ist seit Herbst 2007 intern bei Banken und Politik bekannt. Jeder kann überlegen wann er zum erstenmal davon gehört hatte. Momentan drehen sich die Gedanken der Banker um den Druck von bis zu 300 Mrd. Euro.

    Richtige Demokratie ist der beste päventive Schutz eines Systemes vor Mißbrauch dieser Art.

    Politik und Verwaltung müssen dafür transparenter werden, es braucht messerscharfe direktdemokratische Elemente und die Stärkung der kleinsten Einheit in ihrer Souveränität. Der Kommune. Dort muss Politik und Einmischen erlebbar Spass machen und Erfolge ermöglichen. Erst dann haben wir die Chance von aktiver Zivilgesellschaft zu sprechen die sich auch dauerhaft bundesweit einbringt. Momentan sind wir aufgrund des alltäglichen “Lebenskampfes” in einer beinharten Gesellschaft aus Individualisten verwurzelt, die zwar im wesentlichen das selbe denken aber nicht gemeinsam handeln können.

    Auch wenn es im Widerspruch zu Aussagen von Anderen auf dieser Plattform steht, so glaube ich persönlich nur bedingt an die große, weltweite Änderung des Marktsystemes. Die Zinsen wird niemand auf absehbare Zeit abschaffen. Das wäre eine zu große Illusion. Und dann stellt sich die Frage, woran man jetzt arbeiten könnte.

    Mir wäre wichtig, dass die Menschen besser gebildet werden und aus eigenem Antrieb schrittweise der Gier, dem Geiz und dem unpersönlichem Massenmarkt entfliehen und ein nachbarschaftliches Finanz- und Arbeitssystem etablieren. Dazu gehört das sich alle einmischen, sowohl in der Freizeit als auch am Arbeitsplatz. Als Realist muss man jedoch anerkennen, dass die Menschen nicht von sich aus gut sind. Daher brauchen wir Regeln, die die Regionalwirtschaft innerhalb der Globalisierung bevorteilt. Das halte ich für machbar.

    Sehr gut, kann ich mir im Rahmen der Finanzdebatte, Regionalgeld als wichtiges Zahlungs- und anteiliges Lohnmittel vorstellen um Geld, Arbeit und Lohn in der Region zu halten und dem Wahn der schrankenlosen Globalisierung und der Wetteinsätze teilweise zu entfliehen. Regionalgeld kennt noch keine Zinsen.

    Es muss teuer werden, die Tomaten aus Spanien und das Fahrrad aus China zu kaufen. Ich bin sicher das ein Steuersystem auf Grundlage des Ressourcenverbrauches ein wichtiger Schritt ist um dieser systematischen Ressourcenverschwendung Herr zu werden. Wegwerfprodukte wie die von McDonald werden dann unbezahlbar.

    Ich muss zudem einfach anerkennen, dass Automatisierung und Verschiebungen auf dem weltweiten Arbeitsmarkt, keine Vollbeschäftigung auf absehbare Zeit ermöglicht. Dann aber stellt sich eine Gerechtigkeitsfrage und die, wie man Menschen integriert oder ob man sie lieber ausgrenzt. Letzteres tut unser Sozialsystem heute und schafft damit fortwährend neue Probleme. Ich halte Modelle wie das bedingungslose Bürgergeld für einen Ansatz, den man dringend regional begrenzt testen sollte.

    Als Schlüssel für eine lebendige, förderale Demokratie, die immer wieder Fragen stellt, sehe ich jeden Einzelnen in Verantwortung, – eine die jedoch nicht aus dem nichts entsteht. Es braucht dafür Anreize regional Entscheidungen treffen zu können, – weswegen wir neue Kommunalverfassungen brauchen und Staat sich dort strukturell und finanzpolitisch stark zurückziehen sollte.

    Dazu muss der Staat seine Schuldenpolitik endlich aufgeben, sie lähmt den gesamten Handlungsspielraum und dient als Argument für politischen Stillstand. Er muss endlich seinen gewaltigen Wasserkopf abbauen und Aufgaben an Kommunen rücküberführen. Dort sind diejenigen, die am besten wissen, was ihnen selbst gut tun würde.

    Das Phänomen der mächtigen, internationalen Konzerne, welche sich über sämtliche Regeln der Sozialsysteme und ethischen Regeln hinwegsetzen, wird man m.M. nur durch kommunale Identität beschränken können.

    Und zuletzt glaube ich nicht an die immerwährende Prosperität. Es kann sich nur um einen Irrtum handeln. Wir leben auf begrenzten Ressourcen und müssen damit zu haushalten. Wohlstand ist zuerst vielleicht eine Empfindenssache. Doch woraus setzt sich das zusammen? Nach Masslow aus Bedürfnissen. Jedoch entstehen Bedürfnisse immer nur dann, wenn es starke, sichtbare Disparitäten gibt. Daher muss man sie abbauen und die Politiker müssen sich dazu ihrer Vorbildrolle bewußt werden. Das ist vermutlich der schwierigste Teil der Veranstaltung.

    Das heutige Wettstreben nach der reichsten, mächtigsten, exportstärksten Nation halte ich für international wie auch innerstaatlich einen dümmlichen und gesellschaftlich unreifen Ansatz.

    Dazu ein schönes Zitat: “Wo es immer nur um das gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.”

    Wir selbst und nicht irgendwelche großen, abstrakten Dinge sind diejenigen die dafür sorgen können, dass unser erfahrbarer Maßstab, -die Kommune-, ein stabile, sich selbst tragende, gerechte Einheit wird. Dafür brauchen wir mit Sicherheit Hilfe und Entgegenkommen aus der “großen” Politik. Wenn nicht, müssen wir selbst dorthin.

    Sören Zetzsche
    Schatzmeister

    Landesverband Brandenburg

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